Dienstag, 10. April 2012

Mrauk U

Bei einer sehr schoenen Bootsfahrt von Pathein nach Mrauk U lernen wir Gerd kennen. Er ist 68, Althippie und hat eine Menge zu erzaehlen. Er arbeitete im Kanzleramt und war fuer Kunsteinkaeufe der BRD zustaendig - kein Wunder, dass wir an seinen Lippen klebten. Wir sollten die gesamte naechste Woche mit ihm reisen.
Mrauk U erscheint fuer uns nochmal unberuehrter, es fahren kaum Autos und die Leute schauen einem richtig lang hinterher. Im Jahr kommen laut Reisefuehrer gerade mal 4000 Besucher in diese Stadt, was sich jedoch langsam aendern duerfte. Im Prince Hotel, welches sehr gut von der taffen 17 jaehrigen Joy geleitet wird, kommen wir fuer die naechsten 4 Tage unter. Der Grund unseres Besuches hier ist die Geschichte des Ortes, der Hauptstadt im nun verfallenen Rakhine-Reich war und wegen der traditionell im Gesicht taetowierten Frauen des Chin-Volkes. Abends schlendern wir durch den Ort, vorbei an einer Schmiede, Ochsenkarren und einem rege genutzten Brunnen. Hier findet ein sehr einfaches und beschwerliches Leben statt. Wir planen einen Boottrip in umliegende Doerfer und einem Markt fuer den naechsten Tag und werden mit einem sehr guten Abendbrot ueberrascht.
Die Ausfahrt mit dem Boot ist sehr schoen. Viele Leute winken und rufen, als wir sie mit dem Boot passieren. Auf dem Markt angekommen, fuehlt man sich nun doch ein wenig wie ein Eindringling, es ist ein komisches Gefuehl. Es werden hier die wichtigsten Lebensmittel und Kleidung verkauft, keine Souviniers und aehnlicher Krimskrams, hoffentlich bleibt das noch eine Weile so. Wir besuchen im Anschluss das erste Chin-Dorf. Die Chin sind eine sehr traditionsreiche Minderheit in Burma, welche anfingen, die Frauen ihres Stammes im Gesicht zu taetowieren, um sie fuer umliegende Prinzen und Koenige unattraktiv zu machen, zumindest laut Reisefuehrer.
Es gibt nur noch eine Handvoll dieser aelteren Damen, weil die Regierung
diesen Brauch in den 50er Jahren untersagte. Die von uns getroffenen Frauen sind Auslaender verstaendlicherweise gewohnt und so strecken sie uns auch schon in westlicher Manier die Hand entgegen um uns zu begruessen.
Wir duerfen fotografieren, bekommen ein Kokosnuss gereicht und unterhalten uns eine Weile mit ihnen. Es ist sehr interessant. Die Damen wissen natuerlich um ihre Einzigartigkeit und so werden auch schon die ersten Haende fuer Spenden aufgehalten bzw. wollen ihre Handarbeiten an den Mann bringen. Um uns herum rennen, sitzen, wimmern und wuseln unzaehlige Kleinkinder herum. Bedenklich, dass alle irgendwann einmal Arbeit benoetigen. Der Fernseher hat es noch nicht bis hierher geschafft und so wird sich die Zeit wahrscheinlich anderweitig vertrieben (als ob dieser die Rettung waere...). Alle winkenden Kinder und Menschen, die uns auf dem Rueckweg begegnen bringen uns immer wieder zum lachen, es ist einfach schoen hier, unbeschreiblich. Wir erhaschen einen wunderbaren Sonnenuntergang und kehren ins Guesthouse zurueck.
Der naechste Tag wurde von uns fuer eine ausgedehnte Wanderung durch den historischen Ort genutzt. Neben einer Menge verfallener Gebaeude, Pagoden und anderer Tempel, entdecken wir die Abfuellstation des hiesigen Trinkwassers und eine biogas (!) betriebene Wasserpumpe zur Versorgung des Ortes. Tags darauf war der Trip nach Vethali, ebenfalls eine verfallene Koenigsstadt, mit dem Pferdegespann geplant. Da sich das Pferd jedoch bei geschaetzten 40 Grad ganz schon quaelen musste, hatten wir schon nach 300 m ein schlechtes Gewissen. Soviel gab es leider im besuchten Ort auch nicht zu sehen, ausser einen 5 m hohen Buddha aus einem Stueck Felsen. Also kehrten wir nach einem kurzen Kaffee bei ziemlich kranker Rave-Musik (mit perversen Texten, von deren Bedeutung die Leute hier keinen blassen Schimmer hatten) wieder zurueck und erwanderten noch eine andere Ecke von Mrauk U. Die Atmosphaere bei den im Abendlicht angeleuchteten Pagoden war traumhaft schoen. Wir fanden noch eine Art Gallery mit schoenen Bildern, fuer deren Preise wir zu Beginn unserer Reise aber noch zu geizig waren.
Der folgende Tag war auch schon der letzte in Mrauk U und da wir nicht, wie gehofft, von hier aus direkt nach Bagan fahren konnten (kuerzere 200 km Strecke ist fuer Auslaender verboten), mussten wir den Riesenumweg ueber Sittwe, Toungkok und Pyay waehlen. Nach einer sehr schoenen Verabschiedung (die gesamte Familie von Joy winkte uns zu) erwischte uns doch noch der Foreigners Officer an der Bootanlegestelle und knoepfte uns fuer den Besuch von Mrauk U 10 $ ab. Danach ging es mit der Faehre nach Sittwe zurueck, wo wir eine weitere Nacht blieben, um gegen 6 Uhr morgens mit dem Schnellboot nach Toungkok aufzubrechen.

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